Allegro ist das italienische Wort für lustig und sollte eigentlich auf alle Sopranino-Ukulelen zutreffen. Das Kleinstmodell der Antica Ukuleleria in Verona hält, was sein Name verspricht. Die Sopranino "Allegro" aus der Werkstatt von Marco Todeschini macht Spaß und ist gleichzeitig ein vollwertiges Instrument, das vor allem für Songschreiber interessant ist.
Ich bin kein Fan von Sopranino-Ukulelen. Die Mensur von gerade mal 28 Zentimetern sorgt nur selten für Klangwunder. Wenn doch, sind die Instrumente meist so teuer, dass ich lieber gleich in eine schöne Sopran investiere. Hinzu kommt die häufig problematische Intonation. Schräge Töne aus einer Ukulele, die noch niedlicher aussieht als in Standardgröße, machen es schwer, mehr darin zu entdecken als ein Spielzeug.
Trotz allem habe ich mich, nachdem Marco das erste Mal ein Video seiner Allegro auf Facebook eingestellt hatte, direkt auf die Liste setzen lassen. Warum? Weil ich seine größeren Modelle zwar recht hübsch fand, mir ein Blindkauf ab 500 Euro dann aber selbst als UAS-Betroffener zu impulsiv erschien. Die Allegro kam gerade recht, quasi als Arbeitsprobe von Marcos Können. Und, so viel sei gleich verraten: Er kann es! Seit kurzem stehe ich auf seiner Liste für eine Nummer größer.
Gut Holz!
Mit 240 Euro ist die Allegro die mit Abstand günstigste von Marcos Standardukulelen. Gespart wird jedoch nur durch die Automatisierung diverser Arbeitsschritte. Was die Auswahl der Materialien angeht, kommen ebenso hochwertige Hölzer zum Einsatz wie bei seinen komplett handgemachten Instrumenten. Hals und Korpus sind aus Mahagoni, die einteilige Decke aus Fichte, Sattel und Stegeinlage aus Ebenholz.
Das Griffbrett ist etwas Besonderes. Marcos Ausführung aus Birnbaum ist eines der feinsten, das ich bisher spielen durfte. Das fast porenfreie Holz ist neu in meiner Sammlung, hat aber bereits eine lange Tradition im Instrumentenbau. Birnbaum findet sich in Griffbrettform für mittelalterliche Lauten ebenso wie als schwarzgefärbtes Kopfplattenfurnier bei Gitarren von Gibson und Co.
Verarbeitung? Tadellos!
Dass Marco etwas von seinem Handwerk versteht, sieht und spürt man, sobald man die Allegro das erste Mal in den Händen hält. Der mit Raspel und Hobel gearbeitete Hals ist ebenso anschmiegsam wie der mit der CNC-Maschine gefräste Korpus. Griffbrett und Hals sind nicht einfach verleimt, sondern zusätzlich mit einem hauchzarten Blättchen aus Ebenholz verbunden.
Einziges Manko sind die etwas zu schwer geratenen gewinkelten Mechaniken. Das geringe Gewicht der restlichen Bauteile führt zu einer relativen Kopflastigkeit, was vor allem während des ersten Probespielens irritiert. Je mehr man sich jedoch an das Ungleichgewicht gewöhnt und auf die handlichen Proportionen einlässt, desto spaßiger wird es.
Origineller Klang
Sopraninos neigen zu schrillen Tönen, vor allem, wenn sie noch höher gestimmt sind als Ukulelen im Standardformat. Anders die Allegro: Marco hält an der gewohnten GCEA-Stimmung fest und hat es geschafft, seiner Kleinsten einen ganz eigenen Charakter einzuhauchen. Das zarte, aber bestimmte Stimmlein ist nicht besonders laut, hat aber den Charm und die Durchsetzungskraft eines alten Röhrenradios.
Zugegeben, für das Spielen klassischer Stücke ist die Allegro nicht meine erste Wahl. Im Notfall eignet sie sich jedoch auch dafür. Wohl nicht zuletzt der allen Antica-Ukulelen eigene Nullbund sorgt für eine einwandfreie Intonation auch in den höheren Lagen.
Ihre besten Momente hat die Allegro jedoch während des Akkordspiels. Vor allem offene Akkorde klingen voll und ausgeglichen und eignen sich bestens für das Erproben spontan erdachter Liedideen. Melodien, die schon mit der sanften Begleitung der Allegro funktionieren, eignen sich nicht selten auch für die größere Bühne.
Fazit
Wer noch keine Sopranino-Ukulele zu Hause hat, für den bietet die Antica Ukuleleria aus Italien eine außergewöhnliche Option an. Marco Todeschinis Allegro vereint hochwertige Hölzer mit gekonntem Handwerk und hat einem originellen Klang, der deutlich mehr zu bieten hat als eine zu klein geratene Sopran.
Für mich persönlich ist die Allegro meine neue Kreativmaschine, die in Verbindung mit einem Gläschen Apfelwein sicherlich für die ein oder andere Erleuchtung und eine stetige Erweiterung meines Repertoires sorgen wird.
Nachtrag, 7. August 2019: Kopflastigkeit adé
Die für allerlei Gitarren-Hardware bekannte Firma Graph Tech hat auf der NAMM 2019 neue direkte Mechaniken vorgestellt. Der Clou: Die Ratio-Tune-a-lele-Wirbel haben eine Übersetzung von 1:6 und wiegen zu viert gerade einmal 20 Gramm.
Zugegeben, schön sind sie nicht gerade, und auf einer hochwertigen Sopran- oder Konzertukulele würde ich immer zu Pegheds oder Gotoh-UPTs greifen. Zu einer süßen Sopranino passen die runden Knöpfchen, die in natura lange nicht so klobig aussehen wie auf Fotos, aber ganz gut. Das Stimmen geht von der Hand wie Butter und gebohrt werden muss auch nicht. Also alles gut.
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Toller und höchst interessanter Bericht über eine wirklich ungewöhnliche Ukulele – Danke dafür! Spannend fände ich da nur noch einen Direktvergleich zur KoAloha Noah, die ich persönlich bei diesen kleinen Ukulelen als erstaunlich „erwachsen“ klingend empfinde und die ebenfalls hervorragend in gCEA-Stimmung funktioniert.
Viele Grüße
Kat
Liebe Kat,
besten Dank für die liebe Rückmeldung!
Ich denke, die Noah klingt „normaler“ als die Allegro – letztere hat, wie gesagt, einen ganz eigenen Klang, der weniger erwachsen klingt als originell; ein bisschen blechern, aber keinesfalls schrill. Und eben auch nicht wie eine normale Sopran-Ukulele oder die viel zu klein geratenen iUkes.
Hört sich komplizierter an als es ist: Eine Klangdemo ist deshalb bereits in der Mache. 😉
Beste Grüße
Ludwig.
Die Graph-Tech-Mechaniken können beispielsweise bei Peter Hurney von Pohaku Ukulele bestellt werden: http://www.pohakuukulele.com/store/peghead-planetary-banjo-5th-string-nickel-ivoroid-9mm-tuners-y4h2m-5979b