Über meine Wunderkammer-Ukulele könnte ich viele Geschichten erzählen. Bevor es soweit ist, möchte ich den Erbauer selbst zu Wort kommen lassen. In seinem Werkstattbericht erzählt Liam Kirby aus dem englischen Bristol, warum er Ukulelen baut, wie er sie baut, und weshalb er auf meine Sonderanfertigung aus Koa und Fichte besonders stolz ist.

Liam Kirby baut kleine Wunderkammern in Brsitol, England

Noch bevor die Idee zu Ukulelezeit.de geboren war, hatte ich bei Liam Kirby eine kleine Wunderkammer in Soprangröße in Auftrag gegeben. Kurz vor dem Start der Seite meldete er sich bei mir, dass er mit dem Bau meiner Wunsch-Ukulele beginnen könne. Da ich dem Ukulelezeit-Logo eine Ukulele in die Tasse gesteckt hatte, die mir selbst noch in der Sammlung fehlte, bat ich ihn, sich an der Formsprache der allerersten Ukulelen aus dem 19. Jahrhundert zu orientieren. Ehrensache für Liam, der sich nicht nur im Design an klassichen Bauformen orientiert; auch in der Umsetzung ist er Traditionalist: Liam besitzt weder Bandsäge noch Schleifmaschine und baut ausschließlich in Handarbeit:

Ich baue meine Ukulelen (genau wie meine Gitarren) mit einem traditionellen spanischen Halsfuß. Dabei passen die Zargen des Instruments exakt in Schlitze, die ich in den Hals schneide. Diese Bauweise zeichnet sich dadurch aus, dass Hals und Korpus bereits früh im Bauprozess eine Einheit bilden. Nun bin ich nicht gut darin, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Art von Dingen den Klang verbessern oder die Lautstärke beeinflussen – die einen sagen, ein spanischer Halsfuß sei die solideste Art einer Hals-Korpus-Verbindung und führe dementsprechend zu optimaler Klangproduktion; andere behaupten das genaue Gegenteil. Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Noch nicht. Wenn ich irgendwann einmal dreißig Jahre Ukulelen gebaut habe, weiß ich es bestimmt.

In meinem Kopf macht die Konstruktion Sinn, weil der massive Holzfuß im Instrument Hals und Korpus so viel stärker verbindet als eine Schwalbenschwanz-Verbindung (engl. dovetail joint) oder ein angeschraubter Hals (engl. bolt-on neck). Der Korpus einer Ukulele ist so winzig, da möchte ich nicht, dass auch nur das geringste bisschen Energie der Saiten im Hals verloren geht. Ich will, dass die Decke so viel arbeiten kann wie möglich. Ein spanischer Halsfuß scheint mir die logische Konsequenz, genau das zu erreichen.

Für die simple Kopfplatte habe ich mich von der Form eines alten Manuel-Nunes-Instruments inspirieren lassen. Ich liebe den schnörkellosen Stil alter Ukulelen. Dieser wird dem Geist des Instruments viel mehr gerecht als die kantigen Formen der meisten modernen Ukulelen.

Auch ich habe mich dazu hinreißen lassen, mit torrefizierter Fichte (engl. torrefied spruce) zu arbeiten. Dabei wird das Holz in einer Art “geröstet”, die es, so die Theroie, schnell altern lässt und in der Struktur einem viel älteren Stück Holz ähnlich macht. Wahrscheinlich ist es Voodoo, aber ich mag das Aussehen und ich hatte bisher nur gute Ergebnisse damit. Während der Bearbeitung ist zu beachten, dass das Holz außergewöhnlich leicht und empfindlich ist. Das hat viele Vorteile, aber man muss sehr vorsichtig sein und darf dem Material nicht zu schnell zu viel zumuten.

Da ich bisher noch keine Sopranukulele mit Fichtendecke gebaut habe, habe ich mir sehr viele Gedanken darüber gemacht, was ich denn überhaupt erreichen möchte: Es hat sich nicht richtig angefühlt, einfach dieselben Prinzipien anzuwenden wie bei einer Hartholzdecke (“Wie leicht ist zu leicht? Bau es um eine Haaresbreite schwerer als das.”) Ich wollte der Fichtendecke die Möglichkeit geben, klanglich wirklich etwas beizutragen. Darüber hinaus ist die Beleistung einer Sopranukulele primär dazu da, die Decke vor dem Kollaps zu bewahren und hat kaum Einfluss auf den Klang. Am Ende habe ich die Deckenstärke genau so gebaut wie bei meinen Konzertukulelen, mit leichten, aber stark gebogenen Leisten. Dadurch wollte ich dem Klang ein bisschen mehr Farbe entlocken anstatt ihn abzudämpfen.

Die Verstärkung unter der Brücke geht weit über die beiden Leisten hinaus. Das habe ich mir beim Bau meiner Tenorukulelen angewöhnt. Ob es einen Unterschied macht? Keine Ahnung. Auch hier gilt: In dreißig Jahren weiß ich mehr! Die großen Leisten sorgen für eine starke Wölbung des Bodens. Der Radius ist dabei viel größer als man es in vielen Plänen sieht. Er beruht auf einer alten Martin-Sopran-Ukulele, die ich einmal abmessen durfte. Bisher bin ich stets gut damit gefahren.

Mit meinen Hals-Werkzeugen durchlebe ich immer wieder neue Phasen. Momentan arbeite ich besonders gerne mit meiner Drachenfeile (engl. dragon rasp). Damit bekomme ich die grobe Form sehr schnell hin, bevor ich mit einem sehr feinen Schaber die Detailarbeit mache.

Ich bekomme sehr viele Anfragen bezüglich meines Griffbretts, das ich vom Korpusübergang bis zum Schallloch unbundiert lasse. Ich finde einfach, dass gitarrenähnliche Instrumente komisch aussehen, wenn das Griffbrett vor dem Schalloch aufhört. Und ich glaube, nur wenige Leute brauchen auf einer Sopranukulele mehr als zwölf Bünde. Vielleicht sollte ich mir eine technischere Erklärung ausdenken, aber ehrlich gesagt: Ich mag einfach, wie es aussieht.

Ein Ropebinding zwischen Koa und Fichte ist ziemlich exquisit. Es macht mir immer Spaß, eins anzubringen, aber die schlanke Taille von Ludwigs Ukulele hat diesen Schritt zum Kampf werden lassen.

Die Perlmutteinlage am untersten Teil des Instruments war eine Improvisation in letzter Minute, um die Verbindung des Zargenstoßes mit der Decke harmonisch abzuschließen. Ich hatte darüber nachgedacht, es zu gravieren, aber bin froh, es doch nicht gemacht zu haben: Es sieht einfach genau richtig aus, wie es jetzt ist!

Die funkelnden, aber immer noch zurückhaltenden Streifen des Koas mochte ich von Anfang an: hübsch, aber nicht zu aufdringlich. Diese Art der Maserung ist meiner Meinung nach viel näher dran am Aussehen ganz alter Ukulelen, als die wilden, spiegelverleimten Farb-Randale, die man heute sieht.

Pegheds hatte ich bisher noch nicht verbaut, aber da ich ohnehin schon eine passende Reibale für Geigenwirbel besaß, war die Installation kein Problem. Sie sehen einfach wunderbar aus, und wie sie sich durch sanftes Ziehen der Knöpfe lockern und fester stellen lassen, ist ein mechanisches Wunder!

Ich baue erst seit ein paar Jahren Ukulelen und der Bau dieser ganz besonderen Ukulele hat mich sehr gefordert und aus meiner gewohnten Komfortzone herausgerissen. Dennoch: eine wunderbare Lernerfahrung! Ganz nebenbei ist das fertige Instrument genau so geworden, wie ich es mir erhofft hatte: zeitlose Ästhetik, komplexer Klang und jede Menge Volumen. Kurzum: eine der Ukulelen, auf die ich am meisten stolz bin!

Meine Wunderkammer-Ukulele mit Fichtendecke

Fotos: Liam Kirby und Alun Wyn Jones (Porträt).

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6 Comments to “ Das Wunder von Bristol”

  1. Old Boy sagt:Antworten

    Die Kleine gefällt mir… weil sie mal vollkommen abseits vom Mainstream ist!

    Glückwunsch zu dem Prachtstück(chen) !

  2. Michael Forst sagt:Antworten

    Beeindruckendes Instrument, starker Bericht, ein Blick in die Geheimnisse der Wunderkammer.

  3. Dear Sir,
    Congratulations for your beautiful and useful website!

    I have a new particular Project with a few friends about the ancestries of the Ukulele: The Machete.

    It´s a Virtual Museum in homage to a relative of min. He was a collector and musician.

    The Machete is for me the most important, but I am interested in all instruments from Madeira Island (Portugal)

    I have already a few good instruments from the XIX century.

    You can see it on:

    http://www.museuapa.com

    With clicking on Instrumentos, you go to the page of the Machetes, and Machetinhos.

    http://www.museuapa.com/instrumentos/cordofones/

    The Machete number 6, is an Machete built in May 2012 by Maker Carlos Jorge Pereira Rodrigues, that is the only Maker in Madeira that still making Machetes, Machetinhos, Rajão, and Viola de Arame with original woods fro Madeira and original forms.

    I am very interested on buy this kind of old and antique instruments.

    If you have any for sale, or know anybody that have it, please let me know.

    Please feel free to ad my website to your contacts . Will apreciate.

    Thank you in advance.

    Sincerely,

    Norberto Gomes

  4. Ella sagt:Antworten

    Wunderbarer Bericht. Traumhafte Ukulele.
    Ein Link zum Erbauer wäre toll…falls es denn eine Webseite gibt. Ich kann mich gar nicht satt sehen.

    1. Liebe Ella,

      hier der Link zu Liam: http://www.wunderkammerinstruments.co.uk

      Ukelige Grüße
      Ludwig.

  5. Ella sagt:Antworten

    Danke…*schwups zu Liam herüber hüfpend*

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